Gestohlene Lust (German Edition) by Corinna Rückert

Gestohlene Lust (German Edition) by Corinna Rückert

Autor:Corinna Rückert [Rückert, Corinna]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2015-09-15T16:00:00+00:00


Neun

Jo hatte von den Gesprächen ihrer beiden Mitbewohnerinnen nichts mitbekommen. Sie stand umringt von Bewunderern und angeregt plaudernden Frauen in der Mitte ihres Gartens und beobachtete aus den Augenwinkeln heraus den sündhaft schönen Kellner, von dem sie sicher war, ihn nicht persönlich eingestellt zu haben. Während sie mit einem Ohr den Gesprächen folgte, beobachtete sie aufmerksam, wie geschmeidig er sich durch die Menge bewegte, mit welcher Anmut er sich immer wieder eine Haarsträhne aus der Stirn strich und vor allem sein hinreißendes Lächeln, mit dem er seine Getränke verteilte. Auch er schien sie zu beobachten, denn ihre Blicke trafen sich in immer kürzeren Abständen, bis Jo sich zwang, in eine andere Richtung zu sehen, um ihre Verlegenheit vor ihm zu verbergen. Was hatte dieser Kerl bloß an sich, dass sie ihn so gern anschaute? Er schien einer dieser unverschämt gut aussehenden Jungs zu sein, die mit Anfang zwanzig noch unwiderstehlich waren, aber ab dreißig wahrscheinlich die Haare verloren oder einen Bauch ansetzten, wenn sie zur Ruhe kamen. Im Moment jedoch wirkte seine Schönheit lebendiger, natürlicher als die makellose Oberfläche von John, die er sich hart erarbeitet hatte. Aber war es das allein? Auch dass er sich offensichtlich für sie interessierte, war nichts, was sie nicht schon hunderte Male erlebt hatte. Jo schüttelte ihren Kopf, um die Gedanken an diesen Mann zu vertreiben. Und in der Hoffnung, wieder Klarheit in ihre Gefühle bringen zu können, wandte sie sich John zu, der den ganzen Abend nicht von ihrer Seite wich. Sie bedachte ihn mit einem betörenden Lächeln und erlaubte ihm, ein wenig näher zu rücken. Als er ihr hoffnungsvoll kleine Schweinereien ins Ohr flüsterte, lachte sie herzhaft über seine Angebote und ließ ihn noch ein wenig näher heran.

Langsam brach die Nacht herein. Die Stimmung wurde immer ausgelassener und Jo fand, es war an der Zeit, der DJane endlich ein Zeichen für ihren Einsatz zu geben. Sie legte einen Arm um Johns kräftige Schultern und erteilte ihm den Auftrag, die junge Frau und ihren Trommler zu suchen und sie zu bitten, mit dem Plattenauflegen anzufangen. Die Leute hatten genug gegessen. Jetzt sollten sie sich mal ein bisschen bewegen. Begeistert, etwas für die schöne Fotografin erledigen zu dürfen, erwiderte John ihre Umarmung und flüsterte zurück: «Der erste Tanz gehört mir! Versprochen?»

«Versprochen», antwortete Jo und ließ sich sogar zu einem kleinen Biss in sein Ohrläppchen hinreißen.

Junge Männer sollte man pflücken, solange sie noch knackig sind, hatte ihre Großmutter einmal mit großem Nachdruck erklärt. Merkwürdig, dass sie gerade jetzt an sie denken musste.

Als John sich zum Gehen umwandte, schlug Jo ihm genüsslich auf seinen entzückenden Hintern. Du hast ja Recht, Großmama, dachte sie, so einen Hintern sollte ich mir wirklich nicht entgehen lassen.

Ein paar Minuten später wurde die Klaviermusik langsam ausgeblendet. Harte Bässe und sanftes Saxofon mischten sich in die ausklingenden Töne und veränderten die Stimmung. Jo schlenderte durch die Menge und zog immer mehr Leute mit in Richtung Terrasse, die zu einer riesigen Tanzfläche umfunktioniert war. Ein einzelner Mann bewegte seinen muskulösen Körper im Rhythmus der immer lauter werdenden Musik.



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